„Ich bin froh, ist Jaro da. Er ist einfach hier und lässt sich streicheln“, sagte ein Schüler zu mir nach einem offensichtlich für ihn sehr schwierigen Morgen. Nun sass das Kind da, hatte Jaros Kopf auf den Beinen und streichelte ihn ganz ruhig.
Jaro ist ein knapp zwei Jahre alter Barbet – ein französischer Wasserhund. Der 4-Beiner ist Freund, Interaktionspartner und noch vieles mehr. Er ist vorurteilsfrei, abwartend, beruhigend oder tröstend für die Schüler:innen da. Dies fasst gut zusammen, welche Wichtigkeit Jaro im Schulalltag hat. Er darf gestreichelt, gedrückt und beobachtet werden.
Seit 1½ Jahren begleitet Jaro mich täglich in meiner Arbeit als Logopädin am Zentrum ASS. Er büffelt sich nicht durch die Aufgaben, unterrichtet keine Schüler:innen und ist dennoch nicht wegzudenken. Zusammen bilden wir ein interdisziplinär arbeitendes Team.
Die Schüler:innen profitieren in vielerlei Hinsicht davon, dass ein Hund die Therapie begleiten kann. Zahlreiche Studien haben untersucht, dass hundegestützte Intervention einen positiven Einfluss auf die Menschen hat. Dies unterstützt meine Beobachtungen und Erfahrungen der letzten 14 Jahren mit den 4-beinigen Gehilfen.
Jaro ist kein Wundermittel. Meine logopädischen Therapien sind dank seinem Dabeisein wohl nicht besser. Aber Jaro verbreitet Freude und motiviert die Schüler:innen, vielleicht nochmal fünf Sätze mehr zu sprechen. Er animiert, bietet Gesprächsstoff und regt zum Fragen an. Jaro weiss genau, welche Kinder sich über seine Anwesenheit freuen und welche keinen Kontakt möchten. Jedes Kind darf und soll entscheiden, wie viel Kontakt es zum Hund will – wenn denn der das auch gerade möchte.
Der Hauptfokus in der Logopädie gilt den Schüler:innen und deren sprachlichen Förderung. Hin und wieder baue ich gezielt Übungen mit Jaros Beteiligung ein, die oft dazu dienen, die Motivation der Schüler:innen für eine sprachliche Aufgabe zu erhöhen. Jaro wird somit beispielsweise eingesetzt, um Bälle zu holen, um auf den Buchstaben zu stehen, zu welchen wir Wörter suchen, hört beim Vorlesen zu oder würfelt für uns. Und manchmal ergeben sich auch unerwartete Einsatzmöglichkeiten. So konnte ich bei einem autistischen Schüler am Blickkontakt arbeiten, in dem wir über das Triangulieren mit dem Hund das Suchen und Halten von Blicken aufbauen konnten.
Ein anderes Kind zeigte Mühe mit der Perspektivenübernahme. Also damit, nachzuvollziehen, dass andere einen anderen Blick auf die Welt haben als wir selbst. Ein wichtiges Schlüsselerlebnis ergab sich über das Verstecken von Hundekeksen. Darüber verstand das Kind, dass Jaro nur wissen konnte, wo die Kekse sind, wenn er das Verstecken beobachten konnte.
Es gibt wissenschaftliche Belege, dass für Menschen der Kontakt mit Tieren bedeutsam sein kann. Streicheln schüttet das Glückshormon Oxycontin aus, was hilft, Bindungen zu stärken. Es unterstützt auch Stressabbau und sorgt mit anderen Hormonen dafür, dass die Stimmung positiv ist. Alles wichtige Voraussetzungen, um erfolgreich Lernen zu können.
Viele Kinder sprechen gerne und ungehemmt(-er) mit Jaro. Sie scheinen es zu schätzen, dass er ihnen einfach nur zuhört, den Kontakt sucht und gar nicht nachfragt. Er ist einfach da, mit bei uns in der Logopädie und im Schulhaus und leistet einen grossartigen Beitrag.