Anfang Schuljahr 2022/2023 haben wir uns in einem interdisziplinären Team aus den Fachbereichen Logopädie, Schule, Psychologie und Tagesbetreuung gemeinsam mit der Standortleitung mit den Fragen auseinandergesetzt, was die Zukunft von unseren Kindern verlangt und was diese für die Anforderungen an den Unterricht und die Therapie am Zentrum ASS bedeuten.
In den letzten Jahren sind zwei markante Veränderungen am Zentrum ASS zu verzeichnen: Zum einen haben sich die Bedürfnisse der Kinder geändert und zum anderen beobachten wir, dass viele unserer Schüler*innen sich in ihrer Freizeit wenig draussen aufhalten. Mit diesen Erkenntnissen haben wir uns gefragt:
- Wie funktioniert nachhaltiges Lernen für unsere Schüler:innen?
- Wie gelingt Lernen mit Kindern mit herausforderndem Verhalten?
- Wie können wir geeignete Lernorte bieten, damit ein optimales Lernen und Arbeiten, eine gesunde Entwicklung ihrer Persönlichkeit und das Entfalten ihres Potenzials möglich ist?
Kreativität, kritisches Denken, Problemlösungskompetenz, Eigenverantwortung und Empathiefähigkeit sind gefragt. Mit den überfachlichen Kompetenzen des neuen Aargauer Lehrplans werden diese Schlüsselkompetenzen aufgegriffen und nehmen einen übergeordneten Platz in der Schule ein. Aus unserer Sicht braucht es neue und effektive Methoden in der Unterrichtsgestaltung, um den neuen Ansprüchen gerecht zu werden. Alle Mitarbeitenden sind gefordert, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und den Unterricht sowie die Therapien entsprechend den neuen Gegebenheiten zu überdenken und anzupassen. Unterricht und Therapie im Freien ist eine mögliche Massnahme.
Nach einer Weiterbildung bei Rahel Schelb (Lehrperson, Natur- und Wildnis-Pädagogin, Kompetenzexpertin und Mutter) hat sich Jeannette Ettling (Heilpädagogin) dafür eingesetzt, das Projekt «Waldschule» gemeinsam mit Simone Künzli (Heilpädagogin) ins Leben zu rufen. Aus der Anfangsidee ist die Arbeitsgruppe Waldschule am Standort Oftringen entstanden. Gemeinsam haben Simone Künzli, Jeannette Ettling, Eva Tüscher, Renate Hertig, Franziska Bürgi und Martin Soltermann in mehreren Sitzungen das didaktische Konzept «Waldschule» erstellt. Zusammen mit der Gemeinde Zofingen und dem Leiter Forstbetrieb der Region Zofingen, Kläy Matthias, wurden die Rahmenbedingungen für die Waldschule definiert und ein geeigneter Platz wurde abgesteckt.
Seit den Herbstferien 2022 dürfen nun zwei Klassen (2./3./4. Klasse von Frau Künzli und die 4./5. Klasse von Frau Ettling) im wöchentlichen Turnus bei jeder Witterung den Unterricht im Wald beim alten Bühnenberg in Küngoldingen geniessen.
Dabei werden die übergeordneten Unterrichtsziele verfolgt, dass die Kinder durch regelmässiges, erfahrungsbasiertes und lehrplangestütztes Lernen draussen in allen Kompetenzen (Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz) gefördert werden und damit ein tieferes Verständnis, Interesse sowie Freude am Lebensraum Natur entwickeln. Die jeweilige Lehrperson plant die einzelnen Lektionen der Waldschule, baut freies Spiel sowie Pausen ein und erstellt einen Ablaufplan.
Renate Hertig (Fachfrau Betreuung) stellt in Absprache mit den Lehrpersonen saisonale Menüvorschläge zusammen, die über dem Feuer realisierbar sind. Sie bereitet alles für das Kochen im Wald vor, organisiert das benötigte Material und bringt es mit dem Auto zum Wald.
Für die Logopädinnen besteht ebenfalls die Möglichkeit, die Therapieeinheiten der Kinder flexibel und ressourcenorientiert im Wald abzuhalten. Abhängig vom individuellen Therapiebedarf können die Sequenzen im Einzel- oder Gruppensetting durchgeführt werden, um gezielt die Sprachförderung zu unterstützen. Hierbei kann entweder eine Eins-zu-Eins-Begleitung oder eine Durchführung innerhalb einer Lerngruppe im Rahmen der Waldschule erfolgen.
Die meisten Kinder sind motiviert und freuen sich auf den Waldtag. Die Lernziele der Kernfächer NMG (Natur, Mensch, Gesellschaft), Deutsch und Mathematik können in der Waldschule gut integriert werden.
Die Schüler*innen beobachten die Veränderungen im Verlauf der Jahreszeiten und halten diese in Form einer Fotoreportage fest. Sie erleben, entdecken und erforschen den Wald mit allen Sinnen, nehmen ihn als Ort der Ruhe sowie Erholung wahr und tragen Sorge.